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Linkliste „Utopie“
Eine Weltkarte, in der das Land Utopia nicht verzeichnet ist, verdient keinen Blick, denn sie lässt die eine Küste aus, wo die Menschheit ewig landen wird.
Oscar Wilde, Der Sozialismus und die Seele des Menschen (1891)
Here of course one has to deal with the inevitable objection: that utopianism has lead to unmitigated horror, as Stalinists, Maoists, and other idealists tried to carve society into impossible shapes, killing millions in the process. This argument belies a fundamental misconception: that imagining better worlds was itself the problem. Stalinists and their ilk did not kill because they dreamed great dreams—actually, Stalinists were famous for being rather short on imagination—but because they mistook their dreams for scientific certainties. This led them to feel they had a right to impose their visions through a machinery of violence. Anarchists are proposing nothing of the sort, on either count. They presume no inevitable course of history and one can never further the course of freedom by creating new forms of coercion. In fact all forms of systemic violence are (among other things) assaults on the role of the imagination as a political principle, and the only way to begin to think about eliminating systematic violence is by recognizing this. And of course one could write very long books about the atrocities throughout history carried out by cynics and other pessimists…
David Graeber, Fragments of an Anarchist Anthropology (2004)
Über Utopien nur schon vernünftig zu reden, scheint ungeheuer schwierig zu sein. Vielleicht liegt es am Wort „Utopie“, das auf den Hund gekommen ist: „Meine Utopie ist ein heisses Bad und ein gutes Buch.“
P. M., Sechs Jahre bolo’bolo. Vorwort zur 5. Auflage (1989)
Umgekehrt ist am Utopismus >von links< jene traurige Seite nicht zu übersehen, die bereits Marx zu seiner Absage an den utopischen Sozialismus geführt hat. Ohne Wissen über die Notwendigkeiten, die per Gewalt verfügt werden, gerät so mancher alternative Entwurf zur eifrigen Bemühung, ausgerechnet diejenigen Ideale auszumalen, die den Taten der herrschenden Instanzen entspringen und ihnen sogar zur Zierde gereichen – Ideale, die also, getrennt von den verworfenen Zuständen, jede Daseinsberechtigung verlieren und als schiere Dummheiten dastehen.
Interview mit Karl Held (1985)
Egal wie man nun zum Begriff „Utopie“ stehen mag – ohne eine ungefähre Vorstellung von einer besseren Gesellschaftsordnung wird man die Menschen kaum motivieren können, sich für eine grundsätzliche Änderung einzusetzen.
Allgemein
- Rolf Schwendter [1994]: Utopie. Überlegungen zu einem zeitlosen Begriff. Führt kurz in die Geschichte der Utopien ein, stellt einige moderne Utopien vor und stellt interessante Überlegungen zur basisdemokratischen Konzeption und Umsetzung utopischer Konzepte an. Verteidigt utopisches Denken gegen den Vorwurf des Totalitarismus.
- Raul Zelik und Elmar Altvater [2009]: Die Vermessung der Utopie. Ein Gespräch über Kapitalismus, Realsozialismus und die kommende Gesellschaft.
- Ken Knabb [1997]: The Joy of Revolution. Überlegungen zu Methoden und Zielen einer emanzipatorischen Revolution. Vorbild ist der Pariser Mai.
- Anselm Jappe: From one utopia to another. Gibt den Vorwurf des Totalitarismus postwendend an die Freunde der herrschenden Ordnung zurück.
- Der Frühsozialist Charles Fourier entwarf mit dem Phalanstère das wohl einflussreichste Modell einer Produktions- und Wohngenossenschaft.
- John Adolphus Etzler beschrieb bereits 1833 die mögliche Nutzung von Sonnen-. Wind- und Gezeitenenergie. Henry David Thoreau reagierte auf Etzlers Optimismus mit Skepsis.
- William Morris [1890]: News from Nowhere. Utopischer Roman. Die Menschen der Zukunft kommen prima ohne Staat aus und haben Freude an guter, sinnvoller Arbeit. Viel zu Ästhetik und Ökologie.
- Ursula K. Le Guin [1974]: The Dispossessed. Utopischer Roman. (Kurzvorstellung bei Wikipedia)
- Ernest Callenbach [1975]: Ökotopia. Utopischer Roman. „Multikulturell, sanft technologisch, dezentralistisch, frauenfreundlich, hierarchiearm (aber nicht hierarchielos).“ (Rolf Schwendter)
Die Stadtutopie von P. M.
Der Schweizer Autor P. M. [Hans Widmer] vertritt seit Jahrzehnten ein an Fourier erinnerndes öko-soziales Gesellschaftsmodell föderierter Nachbarschaften – hier eine Kurzvorstellung.
- bolo’bolo [1983] ist eine anarchistische Utopie mit etwas nerviger Phantasiesprache. Der Titel dieses Blogs ist von dort geklaut.
- Subcoma [2000] vermeidet einige der problematischen Aspekte von bolo’bolo und wirkt deutlich ausgereifter. P. M. kritisiert den Kapitalismus, setzt sich mit bisherigen Reform- und Revolutionsansätzen auseinander und entwirft eine Strategie der Systemtransformation, die man als „staatlich unterstützte Basisbewegung“ beschreiben könnte.
- Neustart Schweiz [2008] ist noch deutlicher reformistisch formuliert – hier verteidigt P. M. diesen Ansatz. Tatsächlich hatte er damit bereits einen gewissen Erfolg – immerhin hat sich mittlerweile ein gleichnamiger Verein gegründet, der P. M.s Nachbarschaftskonzept umsetzen will.
- Kartoffeln und Computer [2012] formuliert ein Transformationsprojekt für die USA, einen „Green New Deal“. Hier fordert P. M. die Einrichtung globaler Commons:
P. M. über sein Nachbarschaftskonzept und die Commons.
Linkliste „Anarchismus“
Hier einige nützliche Links zu Anarchismus und libertärem Sozialismus. Eine gute deutschsprachige Einführung bietet Horst Stowassers „Anarchie!“. Eine ältere Textfassung ist unter dem Titel „Freiheit Pur“ zum kostenlosen Download erhältlich. Zur Ergänzung seien zwei FAQs empfohlen:
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„An Anarchist FAQ“ ist die wohl ausführlichste Ressource zu Theorie, Geschichte und Praxis des Anarchismus überhaupt – die Druckfassung umfasst zwei Bände im Telefonbuchformat. Neben den klassischen Fragen zu Menschenbild, Kriminalität etc. behandelt das „AFAQ“ auch Themen für „Fortgeschrittene“. So widmen sich längere Abschnitte z. B. der Volkswirtschaftslehre, dem sogenannten Anarcho-Kapitalismus und dem Staatssozialismus. Außerdem wird grob skizziert, wie eine anarchistische Gesellschaft funktionieren könnte.
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„Anarchy Works“ von Peter Gelderloos ist ein kürzeres FAQ mit einem Fokus auf praktische Beispiele für im weitesten Sinne „anarchische“ oder anti-autoritäre Praxis. Gelderloos macht recht plausibel, dass anarchistische Prinzipien zwar nicht unbedingt funktionieren müssen, aber funktionieren können.
Allgemeines
- Anarchismus.at bietet die wohl größte deutschsprachige Textsammlung zum Anarchismus im Netz.
- The Anarchist Library ist eine sehr umfangreiche englische Textsammlung.
- Die Graswurzelrevolution ist eine Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft.
- Die Direkte Aktion ist eine anarchosyndikalistische Zeitung.
- Die Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen publiziert die Monatszeitschrift Gai Dào.
- Systempunkte.org ist ein Blog zu anarchistischen und libertären Positionen.
- Libcom.org ist eine britische Seite zum libertären Kommunismus mit großer virtueller Bibliothek und Diskussionsforum.
- (wird fortgesetzt)
Video
Die Dokumentation „Die Utopie Leben“ (1997) über die spanische Revolution 1936. (Rezension)
Meine Freiheit, Deine Freiheit